Rolf Reichmuth – Mein erster Kontakt mit Wein

Der erste Kontakt geschah bereits während meiner Kindheit, am Familientisch. Die Eltern tranken zum Essen regelmässig Wein, wir Kinder Wasser oder – sonntags – Traubensaft.

Die Annäherung an den Wein geschah behutsam und kontrolliert jeweils an den Wochenenden. Zuerst durften wir an einem elterlichen Weinglas nippen oder den letzten Tropfen herausschlürfen. Als wir grösser wurden, gab es den ersten Schluck, das eigene Glas. Immer begleitet von Vaters Erklärungen zur Herkunft, zu den Traubensorten, zum Produzenten, zur Qualität. Und natürlich zu Mutters vorzüglicher Küche.

Der richtige Umgang mit Wein

Der richtige Umgang mit dem Wein gehörte bei uns zur Erziehung. Natürlich und zwanglos wurden wir an ihn herangeführt. Wir lernten ihn kennen als Essensbegleiter, der den Geschmack der Speisen ergänzte und den Genuss erhöhte.

Wir erlebten, wie beim Wein Gespräche aufblühten und eine anstehende Differenzbereinigung zwischen Eltern und Kindern oder zwischen den Geschwistern unverkrampfter gelöst wurden.

Gleichzeitig erfuhren wir, wie er Körper und Geist gut tat. So machte ich Bekanntschaft mit dem Wein, als wichtigem Teil gehobener Tafelfreuden, als Kulturgut mit seiner sozialen und therapeutischen Wirkung. Und ganz selbstverständlich wusste ich: massvolles Weintrinken ist etwas Wunderbares.

Unsere eigene Firma

Als es meinem Vater Mitte der sechziger Jahre gelang, die Weinfirma zu übernehmen, die er seit 1938 als Direktor geleitet hatte, brach ich mein Nationalökonomie-Studium an der Hochschule St. Gallen ab, um mich auch beruflich dem Wein zu widmen.

Meines Vaters Lieferanten wurden meine Lehrmeister. Bei traditionsreichen Produzenten und Händlern durfte ich mich gründlich über die Erzeugung und den Handel mit Wein ausbilden, in den Reben, im Keller, im Büro. Ich bereiste alle wichtigen Weinbauregionen Westeuropas. Die entsprechenden Spesenabrechnungen visierte mein Vater jeweils mit sorgenvoller Mine. Er muss sich aber wohl gesagt haben, dass diese Ausbildung eine sinnvolle Investition sei.

Im September 1967 waren zwei intensive Lern- und Wanderjahre vorbei, und der Ernst des Lebens begann mit Knochenarbeit in Zürich. „Von der Pike auf“, das war mein Leitspruch, und ich habe es nie bereut.

Nach und nach lernte ich die Albert Reichmuth AG kennen und führen, zuerst zusammen mit dem Senior sowie meinem Bruder Hanspeter, ab 1976 dann allein. Damals zog sich mein Vater aus dem Tagesgeschäft zurück und Hanspeter übernahm ein Engagement als Entwicklungshelfer in Westafrika.

Kategorien: Persönlich und Über den Umgang mit Weinen.
Über Rolf Reichmuth

Das ist die Biografie von Rolf Reichmuth

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